Perfekter Abschluss einer nahezu perfekten Saison
Berlin/Mittenwalde. Am Abend des 20. Januars 2020 wurde Lena Röhlings (17) im Wintergarten Varieté als Berlins Nachwuchssportler des Jahres 2019 ausgezeichnet. Die in Potsdam geborene und in Mittenwalde lebende Kanutin kann auf eine nahezu perfekte Wettkampfsaison zurückblicken: Beim Canoe-Marathon-Worldcup in Sandvika (Norwegen) siegte sie im Mai 2019 sowohl über die Long distance von 19,6 Kilometern als auch über die Short distance von 3,4 Kilometern. Bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Pitesti (Rumänien) feierte sie mit dem Gewinn der Bronzemedaille im K1 über 1000 Meter im August 2019 ihren bislang größten internationalen Wettkampferfolg. Schließlich sicherte sich Röhlings bei den Deutschen Meisterschaften im September 2019 im K1 die Junioren-Titel über 1000 und 5000 Meter und jeweils die Vizemeistertitel über 200 und 500 Meter. Für diese herausragenden Erfolge war das Kanutalent bereits im Oktober zum Nachwuchssportler des Monats gewählt worden. Initiatoren der jetzt verliehenen höchsten Auszeichnung im Berliner Nachwuchssport sind der Olympia Stützpunkt und Landessportbund Berlin. Das Ergebnis der Wahl spiegelt jeweils zu einer Hälfte das Ergebnis eines breit angelegten Online-Votings und zur anderen Hälfte die Meinung einer Fachjury wider. Nominiert waren die 12 Nachwuchssportler des Monats des Jahres 2019. Zweitplatzierte ist die Moderne Fünfkämpferin Annika Schneider (18) und Drittplatzierte die Ringerin Olivia Andrich (16).
Kontinuierliche Leistungssteigerung
Röhlings hat ihre sportlichen Wurzeln in Zeuthen beim BSV Akademie der Wissenschaften e.V. (AdW). Dort hat Sie ab 2011 unter den damaligen Trainern, Yvonne und Alex Wilde, ihre Grundausbildung im Kanurennsport absolviert. Im Schülerbereich (bis 14 Jahre) hat sie sich bei den Regatten durch das Teilnehmerfeld kontinuierlich nach vorn gearbeitet, bis sie sich erste Medaillen bei Ostdeutschen- und Deutschen Meisterschaften erkämpfte. „In den ersten Jahren waren mir viele Konkurrentinnen noch körperlich überlegen. Ich war regelmäßig in der Rolle der Angreiferin”, berichtet Lena. „Oft habe ich den Endlauf nur knapp nicht erreicht oder wenn, dann mit dem vierten Platz leider nur die Holzmedaille gewonnen. Da war ich natürlich schon mal traurig”. Letztendlich aber hätten sie solche Ergebnisse immer nur weiter angetrieben und sie davon träumen lassen, „endlich selbst oben auf dem Treppchen zu stehen.“ Im Jugendbereich folgten dann die ersehnten ersten regionalen und auch nationalen Meistertitel.
Zwischendurch wechselte Lena Röhlings von der Kleinen Grundschule Töpchin zur Eliteschule des Sports, der Flatow Oberschule in Köpenick. Zudem wurde sie Mitglied beim SCBG Sport Club Berlin Grünau. „Beim SCBG, der direkt im Bundes- und Landesleistungszentrum in Grünau angesiedelt ist, wurde ich sehr gut aufgenommen und die Trainer Jule und Pablo Döring haben mich beim Übergang in den Trainingsbetrieb des Landeskanuverbandes Berlin sehr gut begleitet“. Unter der Obhut des leitenden Landestrainers André Heinrich und des Bundestrainers Lars Kober ging es dann für Röhlings rasant voran: Ein konzentriertes Wintertraining 2018/19 hatte die Qualifikation für die Junioren-Europameisterschaften 2019 zum Ziel. Im April bei der nationalen Sichtungsregatta in Duisburg kam es dann aber viel besser als erhofft: „Ich war sehr gut drauf und schaffte es unter die ersten fünf Juniorinnen in Deutschland, obgleich ich noch zum jüngeren Jahrgang gehörte“, blickt Röhlings zurück. Auch die internationalen Qualifikationshürden hat sie gemeistert, so dass Röhlings schließlich vom Deutschen Kanuverband gleich für die Teilnahme an den Junioren-Weltmeisterschaften in Rumänien nominiert wurde.
Dramatisches WM-Finale
Bereits beim ersten internationalen Einsatz für den Deutschen Kanu Verband in 2018 beim Canoe-Marathon-World-Cup im portugiesischen Viana do Castelo hatte Röhlings zwei Bronzemedaillen gewonnen. „In Portugal habe ich tatsächlich etwas Blut geleckt. Internationale Wettkämpfe und Siegerehrungen bringen schon eine ganz besondere Atmosphäre mit sich. Dieses tolle Gefühl bereits zu kennen, hat mich bei der Vorbereitung auf die Sprint-WM in Rumänien absolut beflügelt,“ hebt die Gymnasiastin hervor. Die Vorbereitungen der deutschen WM-Mannschaft fanden im Juni und Juli 2019 in Kienbaum und Duisburg statt. Röhlings gelang es, ihr Leistungsvermögen über die 1000 Meter nochmals auszubauen. Wie gut die Form war, zeigte sich bereits bei den Vorläufen. Über alle Vorläufe hinweg war lediglich die ungarische Konkurrentin Vanda Zupko 2/10 Sekunden schneller als Röhlings. Hochmotiviert brachte die Mittenwalderin dann am Finaltag ihr Boot in die Startanlage ein. Auf das Kommando „Ready-Set-Go“ paddelte Röhlings fulminant los. Erst nach 250 Meter konnte sie das Schiedsrichterboot stoppen. Was war passiert? Eine andere der neun Finalistinnen hatte einen Fehlstart verursacht, was Röhlings und eine weitere Athletin aus Bulgarien bei der enormen Fokussierung auf das Rennen nicht registriert hatten. „Not amused“ war der Gesichtsausdruck von Röhlings und die Aussage des Kommentators nach dem Rennabbruch, denn die ersten 250 Meter sind die schnellsten und auch härtesten bei einem Rennen über 1.000 Meter. Dennoch zeigte Röhlings keine Nerven, als nur ein paar Minuten später der Neustart erfolgte. Die Ziellinie passierte sie schließlich mit vier Metern Abstand hinter der siegreichen Ungarin Vanda Zupko und einem Meter Abstand hinter der Tschechin Barbara Galadova. „Mein Endspurt war leider nicht so gut wie sonst. Das abgebrochene Rennen hat schon Kraft gekostet.” Es wäre natürlich besser gewesen, wenn der erste Start funktioniert hätte, wenn alle gleich frisch ins Rennen gegangen wären. „Aber ich habe mich nicht lange darüber geärgert, sondern mich auch über den Gewinn der Bronzemedaille riesig gefreut,“ resümiert Röhlings.
Traum im Hinterkopf
Mit dem Verlauf der Saison 2019 ist Röhlings hoch zufrieden. „Es ist eine perfekte Abrundung, dass ich jetzt auch noch Nachwuchssportlerin des Jahres 2019 bin. Diese Auszeichnung bedeutet mir sehr viel, weil sie mir zeigt, dass meine Leistungen wahrgenommen werden, obwohl ich eine Randsportart betreibe”. Zur Halbzeit des aktuellen Wintertrainings und am Anfang des neuen Jahrzehnts könnte auch der Zeitpunkt dieser Ehrung kaum besser sein. Sie wird Lena Röhlings nochmals einen Motivationsschub geben, für die Verwirklichung ihrer sportlichen Ziele zu trainieren und mit viel Willenskraft zu kämpfen. „Daneben werde ich die schönen Momente, die mir mein Sportlerleben bereitet, in vollen Zügen genießen,“ fasst Röhlings zusammen. In der kommenden Saison wird die sympathische Athletin nochmals in der Juniorenklasse an den Start gehen. Sie möchte sich wieder für die Junioren-Weltmeisterschaften qualifizieren, die im Juli in Brandenburg an der Havel, also praktisch vor der Haustür, stattfinden. Langfristiges Ziel ist die Teilnahme an Olympischen Spielen. „Es ist gut, wenn man einen motivierenden Traum im Hinterkopf hat. Aber ich weiß auch, dass viele Sportler von den Olympischen Spielen träumen, aber nur wenige diesen Traum verwirklichen können. Deswegen konzentriere ich mich vor allem auf die nächsten greifbaren Ziele. Dann kommt man auch insgesamt gut voran,“ relativiert Röhlings, die sich in Zukunft auf die 500 Meter Distanz spezialisieren will. Sofern es sich terminlich vereinbaren lässt, möchte sie aber auch weiterhin an Marathon-Rennen teilnehmen. „Ich mag diese langen Rennen über rund 90 Minuten”, bei denen Lena neben Ausdauer und Kraft auch sehr viel taktisches Vermögen im Rennverlauf und Geschick bei den Portagen beweist. „Daher bin ich super dankbar, dass mir der AdW in Zeuthen, mein Verein, wo ich mit dem Kanurennsport begonnen habe und immer noch sehr gerne bin, die speziellen Marathonboote zur Verfügung stellt und mich auch bei den aufwendigen Wettkampfreisen finanziell unterstützt.“